Dienstag, 7. August 2018

KLOSTERLEBEN, CGM 800, fol. 216v

behelt allso ist die hochfart ain untrewe diebin so sy von irs herren guet stilt mit dem sy sich ziert und erchaufft die ir nit zw gehören";...etwas behält, folglich ist die Überheblichkeit eine untreue Diebin, die vom Gut ihres Herrn stiehlt, sich damit ziert und kauft, was ihr nicht zusteht). Wer denkt, er sei etwas, ist fern der Wahrheit ("wann wer sich ettwas schäczt der erkent der warhait nicht"). Wer sich aber für wertlos hält ("und wer sich nichcz werd schäczt"), es dennoch nicht mag, verschmäht zu werden, der sieht zwar die Wahrheit, hat sie aber nicht lieb ("und mag doch nit leiden daz man in versmäch der siecht die warhait und hat ir nicht lieb"). Ergo: "lernt vom herren demütig zw sein und versmächt euch selber so seit ir im lieber mit mynnern gnaden dann mit mer gnaden übermüetig"; allso, vom Herrn Demut lernen, sich selbst verschmähen, so ist man dem Herrn lieber mit geringeren Gnaden, als wenn man übermütig ist durch mehr Gnade). Besser ein demütiger Jünger als ein hochmütiger (hoffärtiger) Meister ("und in der maß ist albeg ain demüetiger junger pesser denn ain hochuertiger maister"). Die Gnade des Herrn ist nicht billig zu haben ("und dar umb macht uns der herr ettwan (=bisweilen) die gnad tewr (lies: teur) daz er uns erschreck und demüetig werden er verhengt (befiehlt; verhängt etwas über jemand)").-"auch ettwann daz man und die gnad verkert als ob sy unrecht sey daz wir uns der nicht überheben"; auch passiert es manchmal, daß uns die Gnade ins Gegenteil verkehrt wird, als ob sie uns nicht zustehe, damit wir nicht überheblich werden).-"wann so man uns albeg umb unsere guette werck loben thät so thet man der hochfart die thuer auff von der wir hie der tugent beraubt würden"; wenn man uns ständig lobt wegen unserer guten Werke, so tut man der Überheblichkeit (dem Stolz) die Tür auf(machen), wodurch wir dann der Tugend beraubt würden). Der Lohn ware dann "futsch" ("und entzöt des lons; entzoehen=entziehen). Hat man zuviel Gnade, Tugend und gute Werke, "so es nötter ist das man sy nidertruck" ; dann muß man sie "niederdrücken; nieder-,kleinhalten. Wenn Gott unsere guten und bösen Werke gegeneinander abwägt, dann müssen wir uns fürchten ("wan so got unser guete und pöse werck würd gegen ainander wegen (=abwiegen; abwägen)). Es kann nämlich dann sein, daß wir keine Freude, sondern Qual haben. Sehen wir aber die Demut der heiligen an und unsere kleinen Werke, so sind wir hinsichtlich der Tugend (oder in der Tugend ihm gegenüber ?) ("so wir ansechen der heiligen diemüettigkait so sein wir in tugentten gegen in") wie die Heuschrecke gegenüber dem Rechen, die nicht die wahre Situation ihres Lebens realisiert, wie wir ihr aus der Entfernung nachstellen (?) ("als die heuschrecken gegen den rechen und sechen chaum zw der warhait irs lebens aus unserm veren (=fernen?) nachuolgen"). Darum müssen wir den staub unseres-
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Anmerkung: bei manchen Umlauten wie "ü" sind die Striche Reste eines übergeschriebenen "e", so daß entweder einmal "ü" und einmal "ue" gesprochen wurde oder beidesmal "ü"; daneben gibt es die Variante "üe".
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