Freitag, 10. August 2018

CGM 800: "VON MÜHEN UND PLAGEN", fol. 207 r-v

...Arbeit ("wir wern auch peinigt in unsern (207r) aigen arbait die uns offt saur wirt"). Auch fallen uns Dinge aus den Händen und wir beschmutzen sie gegen unseren Willen oder wir verlegen sie und suchen oft an der falschen Stelle und fluchen dann. Oft suchen wir auch etwas, was wir in der Hand haben. Auch wollen wir oft etwas holen und wenn wir an dem Platz angekommen sind, so wissen wir nicht mehr, was wir überhaupt wollten. Des weiteren versprechen wir einem etwas, was wir schon längst weggegeben haben. Weiterhin wollen wir oft etwas Nützliches tun, und es klappt nicht. Auch glauben wir, etwas gewiß zu haben, das dann aber ein anderer bekommt, der nicht daran gedacht hätte, es zu bekommen. Wir sind oft auch blind mit offenen (sehenden) Augen, so daß wir bös für gut halten. Auch beim Hören werden wir betrogen und vernehmen das Wort eines anderen nicht recht und halten schwarz für weiß.
207 v: Oder blau für rot wie z.B. ein Mann, der jemanden beauftragte Zwiebel zu kaufen,der dann aber Stiefel kaufte (im Frühneuhochdeutschen ähneln sich die beiden Wörter noch mehr: mhd. zwivel-stivel; frühnhdt: zwiffel-stiffel. Auch sagen wir oft etwas Ungewisses für etwas Gewisses und halten Lüge für Wahrheit, bös für gut. Dies kommt von dem Gebrechen unserer Unweisheit. Im guten Glauben nehmen wir auch Arznei und werden davon nur noch kränker. Auch täuscht sich ein Arzt oft ("so wirt er doch offt an des krancken natur betrogen"), so daß er uns die falsche Therapie verpaßt ("und in der maß chumbt ettwan der tod für das leben und die kranckait für das gesundt"). Obwohl sich mancher Arzt für fähig hält, ist der Patient hinterher nur noch kränker. Darum spricht der Heilige BERNHARD: Hüte dich vor dem Arzt, der in seiner Kunst nicht bewährt ist und an dir lernen will ("huet dich vor dem arczt der in seiner kunst nit bewärt ist und an dir lernen will wie er andere von söllichen prechen soll gesundt machen"; an dem Tag, als ich dies entzifferte, bin ich bei einem Assistenzarzt gelandet; die Bedenken waren berechtigt!). Oft geht auch die Behandlung völlig schief ("so chumpt es wol dar zw (lies: zu) ee er es verpringt daz man es mueß abprechen oder so es nun volpracht wird chürczlich uber ain hauffen get"). Ebenso unterzieht sich auch mancher höchster Tugend und strengstem Leben, das über seine Kräfte geht (der Weg zur Hölle ist ja bekanntlich mit guten Vorsätzen geplastert), womit er sich...
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