208 r:...verdirbt für die rechte Bescheidenheit, die eine Mutter des Heils ist. Und so tun wir oft töricht Dinge zu unserem Schaden und darüber hinaus ist durch unseren Eigenwillen ein steter Streit zwischen Geist und Körper, zwischen Körper und Vernunft, zwischen Fleisch und Seele in uns ("allso daz der geist albeg wider den leichnam ist und das fleisch wider die sel und die sündlikait die vernunftt als wir es täglichen wol entpfinden wie gar voller prechen und kranckhait wir sein").
Niemand ist lange ohne Krankheit "wann es thuen uns ettwan die augen wee oder die zeen oder uns smerzen die oren oder die naßlöcher oder und (?;=auch; pleonastisch?) thuet das haubt wee oder der magen oder die lentt oder die seiten oder der ruck oder die fueß oder die arm oder die prüst wir wern auch ettwan gehindert an den zwayen stetten unseres natürlichen täglichen außgangs davon man offt groß leiden tragen mueß uns peinigen auch offt geswer auß drieß plater (Plattern) und andere sölliche ding allso peinigt uns auch offt hunger durst und der sclaff in dem wir ettwan von natürlicher hicz und von des teuffels anweigung (=Angriff) zw pöser gestalt und unsauber ding angefochten werden wir sein auch ettwan swär und verdrossen ettwan unmuotig und zornig und manigerlay weiß entprist unß albeg (=bricht aus uns heraus) von hüsten und snarchen und von außwerffung des munds und peinigen auch ettwan haimliche ding des pluets da von wir an manigen steten iucken müessen..."
208 v: Hinzu kommt (als ob das nicht alles schon genug wäre) "unser aigne snöde unsau (208 v)brikait da mit wir umb geben sein und eingewickelt im sack unser aigen haut".
Sieben Ausgänge haben wir am Kopf und zwei unten, wo nichts als Unsauberkeit herauskommt. Der Mensch besteht aus Eiter und unsauberer Materie, entsprechend ist auch die Empfängnis ("wer die ding recht gedächt het mer ursach zw wainen dann zu lachen und mer die müetig zw sein dann hochvertig seidt (=zumal) der mensch noch (=nach) dem leichnam nicht anderst ist dann ain aß der würm" (=Aas für die Würmer). Der Mensch: ein Madensack und Fressen für die Würmer! Auch mit unserem Gedächtnis und der Seele ist es nicht weit her: wir behalten mehr eitle Dinge (s. Werbung und der ganze Blödsinn im Fernsehprogramm) als nützliche, und die Seele ist voller geistlicher Gebrechen. Unser Verständnis, gute Dinge zu lernen, ist hart und grob (s. auch meine unwürdigen Schüler!).
Was wir mit Mühe und Arbeit begreifen, das vergessen wir bald wieder. Und unser Wille zu guten Dingen ist träge, aber schnell bei den bösen. So werden wir "mit vil vorcht und erschrecken und trawrigkait gepeinigt". Unser Herz ist voller unnützer Gedanken, die sich bald hierhin, bald dorthin wenden, so daß man im Menschen keinen steten und dauerhaften Sinn findet. Oft werden wir zu Gutem vermahnt, doch bevor wir die Mahnung recht verstehen und zu unserem Nutzen anwenden, ist es schon zu spät. Wir werden auch oft dazu bewegt, gegen andere gehässig zu sein,...
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