Montag, 20. August 2018

CGM 447, FOL. 1 R-118 V (?): AUS DEN TRAKTATEN DES JAN VAN LEEUWEN: TEIL 1: 1R-4R

1) Die Sammelhandschrift stammt aus Rebdorf; Papier, 223 Blatt; Ende 15. Jh, Schriftart: Bastarda; 1. Schreiberhand: 1r-26r, übereinstimmend mit der 2. Hand im Cgm 458, 328v.
Vorlage: Sammlung der Traktate Jans van Leeuwen (flämischer Mystiker), geschrieben: von Peter van Zutphen; auch in: Berlin mgo 565, 127 r-183r u. Eichstätt, Cod. S. Walb. germ. 7, 89r-113r, beide aus Rebdorf (s. Kat. der bayer. Staatsbib. München von Karin Schneider).-
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INCIPIT: "ayn gaistlich ler und unterweyßung von der dyemutikait genumen und gesammet auß den püchern des erwerdigen bruders Johann Coch yn dem closter zu Gravendal yn Brabant eyn lay ongelert der nit enkönd yn litterlicher kunst a vor b. Dyemütige sentfmutige nyderhait dye ist ein gruntfest von allen worigen gut von gnaden..." (eine geistliche Lehre und Unterweisung von der Demut, genommen und gesammelt aus den Büchern des erwürdigen Bruders Johann Koch in dem Kloster zu Gravendal in Brabant (Holland), ein ungelehrter Laie in der literarischen Kunst, der nicht a von b unterscheiden kann. Demütige, sanftmütige Niedrigkeit, die eine Grundfeste (=Fundament) von allem wahren Gut aus Gnade ist...)
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fol. 1r: Der wahre demütige Mensch hat die Eitelkeit (=Nichtigkeit, Verlogenheit) dieser falschen Welt innerlich und äußerlich gleichermaßen hinter sich gelassen ("der ist eyn warer dyemutiger unter geworfener mensch der alle ?-chait dißer falschen welt yn wendig und auß-wendig umb gottes willen geleich gelassen oder frolichen lasßen will"). Dies bedeutet Überwindung der Welt: "das ist zu versten das der mensch all yrdische und zeitliche ding also überwünden hab und unter seyn fusß getreten hab". Außerdem will ein solcher eher weniger als mehr haben: "das er all zeyt soll begeren lyeber mynder zeitliches gutz dann mer zu haben". Darüber hinaus: "und auch so soll eynem grunt dymütigen menschen lyeber seyn das ym der aller ermste mensch der welt uber yn zu pieten het denn er über yn" (also eher daß der Ärmste über ihn gebieten soll als umgekehrt!).
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fol. 1 v: Er wird lieber "unter geworffen dann her für gezogen" (d.h. er will eher benachteiligt als bevorzugt werden!). Durch solches Verhalten wird der Geist über sich erhöht und zu Gott gehoben. Doch dazu bedarf es, "das eyn mensch flych alle weltliche ere" (daß er weltlicher Ehre aus dem Weg geht; sie flieht). Auch muß er die Vermessenheit überwinden: "über wint er alle hoffart". Doch darüber hinaus geht, "das sich eyn mensch selber yn wendig zu gründ druken und versmehen kan...also das der mensch von ym selber nichtz nit
fol. 2 r: von ym selber halten soll als ob er eyn verworfener hünd" (also daß er sich innerlich niederdrückt und verschmähe...daß er selber von sich nichts halte, als ob er ein verachteter Hund wäre!-Wer sich dergestalt "vernichtet", ist für Gott der Wertvollste! ("sich selber vernichten kan durch gruntloße (=bodenlose) dymutikait sehent der mensch ist got allerwerdest"). In einem solchen "rwet (w lies u!) sicher der heylig gaist" (in diesem ruht der heilige Geist). Doch noch mehr ist leiden: "mer diß setz ich hundert tausent mal grösßer das eyn mensch willigclich yn wendig und außwendig leyden und verdragen (=etwas ertragen) mag", natürlich ohne ein Wort der Klage (!)
fol. 2 r:...daß ihn ein anderer unterdrückt und verschmäht ("on alles verantwurten oder rechen (=rächen) da yn eyn ander mensch verdruck und versmeh er thu ym halt onrecht das er denn das geleych vertrag yn wendig und außwendig" (daß er also, wenn ihm nun Unrecht geschieht, er dies gleichermaßen inwendig wie äußerlich ertrage)). Und: "das er stett stee und yn allen seynen synnen onbewegt" (daß er "stetig stehe" (beständig ist) und in seinen Sinnen unbewegt. So hat man die Eigenliebe "über wünden und getöt".-
---fol. 2 v: Es geht dann um das willige Leiden, ohne zu klagen.- Wie die Sonne das Glas durchscheint, so durchleuchtet Gott die Seelengründe ("dye sun durch scheynet das glasß und auch das elendt (??) erleucht sehent (lat. videns) also (=so) durch leuchtet got dy gründt dymutiger menschen"). Ein solcher demütiger Mensch ist selig, "wan warr dymutigkait setzt den menschen über all hymel".
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fol. 3r: Sodann geht es um Freiheit, die für einen kurzen Moment erhebt, "und ee ich es gewar wird...so setzet sy mich...an den nidersten stat" (und ehe man es gewahr wird...setzt sie einen an die niederste Stätte!) "und machet mich als elendig und also arm recht als eynen verworffen menschen" (und macht einen elend wie einen verachteten Menschen), der von Gott nichts weiß und wissen wird. Dies passiert oft ("diß geschicht mit dicke"). Danach geht es um die Liebe und daß "ich waiß nicht wem ich es clagen soll und darumb müsß ich meynen last allain trage" (daher muß er seine Last alleine tragen).-Es sei nützlich, der Liebe keinen Widerstand zu leisten. Sie mache arm und reich zugleich.
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