Samstag, 11. August 2018

FREIBURG, HS 219, NOVIZENTRAKTAT, 23 r-25 v

23 r: Man soll nicht verachten, was man zu essen bekommt. Viele Menschen nämlich haben nicht einmal den vierten Teil davon zu essen. Daran soll man denken. Es gibt keine genaue Regel, wie viel man essen soll, aber es ist gut, das Mittelmaß zu halten. Zu viel fasten macht stumpf und schwach ("ain groser und unordenlicher abpruch der speiß ist ain ursach das der mensch bled und schwach wiert").
23 v: Das ist dann für den Gottesdienst hinderlich. Zu viel essen führt zu Trägheit und dazu, daß man für geistliche Werke ungeschickt wird. Daher ist nichts nützlicher als die Erfahrung. Sie soll eine Meisterin in den eigenen Dingen sein.
8. KAPITEL: Von der heiligen, willigen Armut
Die freiwillige Armut ist eine Freundin Jesu. Sie soll einem wohlgefallen in allen Werken, beim Essen, Trinken, bei der Kleidung, bei Büchern und allen anderen Gebrauchsgegenständen.
24 r: Hat man Mangel, soll man diesen gern leiden und immer ein fröhliches Antlitz zeigen. Man soll betrachten, wie demütig, lieblich und geduldig die willigen, armen Menschen antworten. Niemals soll Mißfallen von dir gehört werden oder eine Klage über das Essen oder über die Kleider. Sieh dich immer als unwürdig an. Wächst der äußere Mangel, so nimmt die innere Gnade zu.
24 v: Äußere Armut muß man geduldig, freiwillig, dankbar und fröhlich tragen, ja man muß darauf begierig sein: Ohne Zweifel  werden wir so reich und wohlhabend vor Gott.
9. KAPITEL: Wie man es halten soll mit dem Schlaf und dem Ort, wo man schläft ("uff dem dorment")
Dort soll man ruhig sein, damit niemand deiner wegen erzürnt werde und zu Unruhe komme, sei es beim Beten, sei es beim Lesen oder beim Schlafen.
25 r: Wenn man erwacht, soll man immer an die Güte Gottes denken, denn er wacht über uns, wenn wir schlafen. Wenn man schlafen geht, so soll man vorher etwas Gutes betrachten von den Leiden Christi oder sonstwie andächtig beten. So soll man einschlafen, dann wird dein Schlaf unbeschwerlich und man hat angenehme Träume.
25 v: Danach kommt man wieder in die Andacht, in der man zuvor war. Man soll auf züchtige weise ruhen, nicht wie die vernunftlosen Tiere, wie es eben einem geistlichen Menschen zukommt. Darum schläft der Geistliche in den Kleidern. Über die Dauer des Schlafes gibt es keine Regel.---
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